Neues aus dem Projekt «Positionierung HF»

Projekt aufbrechen

Nach dreijähriger detaillierter Auslegearbeit des Projektes «Positionierung HF» wurde an einem Tag das Werk wieder aufgebrochen. Alle Arten von Stakeholdern und Experten in ihrem Gebiet wurden eingeladen und durften ihre Ansichten kundtun, was schlussendlich zu viel Verwirrung und wenig Konsens führte.

Von Urs Gassmann

Aus der Webseite des SBFI: 2022 wird das SBFI im Rahmen von vier Arbeitstagungen zusammen mit den beteiligten Akteuren (Höhere Fachschulen, OdA, Kantone, Hochschulen) eine abgestützte Haltung zu Grundsatzfragen zur Positionierung der Höheren Fachschulen entwickeln. Gleichzeitig sollen mögliche Massnahmen mit Blick auf deren Umsetzung konkretisiert und deren Auswirkungen auf die Grundsatzfragen vertieft diskutiert werden.

Am 28. März 2022 erfolgte die erste Tagung zum Projekt Positionierung HF. Nachdem die offiziell erste Tagung im Januar 2022 mit zwei Themenblöcken aufgrund der Pandemie verschoben werden musste, wurden gleich drei Themenblöcke zusammengenommen. In Anbetracht der Komplexität jedes einzelnen Punktes ein mehr als gewagtes Unterfangen und der Sache sicher nicht dienlich.

Die drei Themenblöcke

  1. Bezeichnungsschutz für «Höhere Fachschule» und Institutionelle Anerkennung und/oder Akkreditierung der Schulen (kantonal/eidgenössisch)
  2. Einführung eines Bachelor-Titels und prägnantere Formulierung der HF-Titel «Dipl. … HF»
  3. Eidg. Diplom mit CH-Wappen und Unterzeichnung des Bundes

Durch die grosse Anzahl von Teilnehmenden an dieser Tagung war bereits zu Beginn absehbar, dass es nicht einfach werden würde, Lösungsansätze oder Grundlagen zu erarbeiten. So sahen von den über 70 Teilnehmenden einige das Projekt der Positionierung mit ihren auf ihre Fachrichtung oder ihren Fachbereich fokussierten eigenen Anliegen, andere kannten die Höheren Fachschulen nur am Rande und waren überrascht von deren Komplexität. Entsprechend gab es viele Äusserungen, die jedoch alle unabhängig der Sinnhaftigkeit als gleichwertig notiert wurden. Doch hatten auch viele einen guten Überblick über Herausforderungen der Höheren Fachschulen. Der Anlass wurde von einer externen Moderatorengruppe begleitet.

Shape Future

Wichtigste Erkenntnisse der Tagung

Beim Bezeichnungsschutz herrschte insofern Einigkeit, dass der «Status quo» keine Option ist. Auch mehrheitlich wurde unterstützt, dass es einen Bezeichnungsschutz für Höhere Fachschulen geben muss, verknüpft mit der Bedingung, dass die Schulen mindestens einen Bildungsgang HF anbieten müssen. Doch darüber, ob die Anerkennung der Höheren Fachschulen über eine Akkreditierung erfolgen soll und welche Bedingungen erfüllt werden müssten, gingen die Meinungen, Wünsche und Forderungen stark auseinander. Auch kamen neue Ideen hinzu.

Die Einführung eines Bachelor-Titels war ebenfalls eines der kontrovers diskutierten Themen. Da gab es auf der einen Seite die absoluten Gegner eines Titels, welcher den Begriff «Bachelor» in jeglicher Form beinhaltet und auf der anderen Seite dessen absolute Befürworter. Für Letztere war klar, in Zukunft braucht es den Bachelor in irgendeiner Art für die HF-Diplomierten. Damit war aber die Einigkeit dieser Gruppe schon wieder erschöpft. Obwohl der «Professional Bachelor» eigentlich schon vorlag, erfolgten von einigen Teilnehmenden viele zusätzliche kreative Wortspiele auf der Suche nach einem Titel mit integriertem Bachelor. Bei diesen Titelkreationen vertraten die einen die Meinung, es soll die englische Übersetzung vom «Dipl. XY HF» geben und andere fanden, es brauche nur noch den englischen Titel und keinen landessprachlichen mehr. Ein wichtiger Konsens herrschte hingegen darin, dass der aktuelle englische Titel des Bundes «Advanced Federal Diploma of Higher Education» keine brauchbare Lösung ist.

Beim Eidgenössischen Diplom mit Schweizerwappen war schnell klar, dass die Umsetzung schwierig ist und dass dies von den Teilnehmenden auch nicht gewünscht wird. Die Regulierungsdichte der Qualifikationsverfahren würde erhöht und von einer zentralen Stelle vorgegeben werden. Damit würden die einzelnen Schulen alle mehr oder weniger den gleichen Lerninhalt vermitteln. Es wäre eine starke Angleichung an die Berufs- und höheren Fachprüfungen. Die Folge davon wäre, dass die Höheren Fachschulen beschränkt wären, ihre Stärken auszuspielen und auch auf regionale Eigenheiten des Arbeitsmarktes zu reagieren.

Ergänzung zur Tagung

Dass das grosse Anliegen und die Forderung des ODEC, den «Professional Bachelor» als englische Bezeichnung für den HF-Abschluss einzuführen, nicht einfach sein wird, hat sich erneut gezeigt. Für den ODEC ist es notwendig, dass der «Professional Bachelor» auch rückwirkend für alle, die heute den Titel «Dipl. XY HF» tragen, verwendet werden kann. Am 8. März 2022 hat der Nationalrat als erster Rat die Motion 20.3050 angenommen, dass «Professional Bachelor» und «Professional Master» für die Höhere Berufsbildung eingeführt werden sollen. Um eine Einführung des «Professional Bachelor» bei den Höheren Fachschulen zu verhindern, haben sich bereits einige Politiker positioniert und profilieren sich als Verhinderungs-Politiker.

Fazit

Ob diese Tagung sinnvoll war, wird sich noch zeigen. Vorläufig hinterbleibt der Eindruck, dass durch die vielen Äusserungen und die zahlreich neu generierten, jedoch nicht zu Ende gedachten Ideen ein grosser Pool an zusätzlichen Möglichkeiten geschaffen wurde, bei dem sich die Projektverantwortlichen und Entscheider ganz nach eigenem Gusto bedienen können. Fakt ist, die vorgängig über drei Jahre erfolgte Auslegearbeit zeigte eine deutliche Sprache mit gut definierten Forderungen, die nicht ignoriert werden dürfen.

Wir bleiben weiterhin dran und setzen uns dafür ein, dass es in jedem Fall eine Lösung für die HF-Diplomierten gibt.