Englische Titelzusätze und Titel für die höhere Berufsbildung

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Die Einführung englischer Titel – zuerst für die Absolvierenden der Höheren Fachschulen, jetzt für jene der höheren Berufsbildung – zeigt die Dynamik der Entwicklung auf. Für die Beteiligten aufseiten der Stufe Höhere Fachschule ein Wechselbad der Gefühle.
 

Von Urs Gassmann
 

Aktueller, aber leider nicht durchdachter Vorschlag des SBFI und der TBBK

Von der Tripartiten Berufsbildungskonferenz TBBK steht unbestritten die Forderung im Raum, dass alle Abschlüsse der höheren Berufsbildung einem «Professional Bachelor» oder ein «Professional Master» zugewiesen werden. Berufsprüfungen BP und die Diplomierten HF sollen den gleichen Titelzusatz erhalten, den «Professional Bachelor», und die Höhere Fachprüfung HFP erhält den «Professional Master». Einfacher und kurzsichtiger geht es nicht. Es werden Abschlüsse mit sehr unterschiedlichen Ausprägungen zusammengequetscht.

Was wäre eine Lösung, die für alle akzeptabel und praktikabel ist?

Wir können akzeptieren, dass der «Professional Bachelor» und der «Professional Master» für die gesamte höhere Berufsbildung eingeführt wird. Jedoch sicher nicht so, wie vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SFBI vorgeschlagen.

Der Bericht im «Tagesanzeiger» vom 19. April 2023 (siehe auch unser Post auf LinkedIn) fasst die ganze Misere gut zusammen:

«Präsident Peter Berger (Konferenz HF) weist auf die unterschiedlichen Voraussetzungen der verschiedenen Ausbildungen hin. Jene der Höheren Fachschulen seien reglementiert, die Vorbereitung für eine Berufsprüfung jedoch nicht.»

«Gleicher Titel für den kürzeren Bildungsweg»

Wer zum Beispiel einen eidgenössischen Fachausweis als Holzbau-Vorarbeiter erwerben will, kann nach etwa 1000 Stunden einschliesslich Projektarbeit an die Berufsprüfung. Ein diplomierter Holztechniker HF hingegen braucht 5400 Stunden für seinen Abschluss. Beide dürften sich aber künftig «Professional Bachelor» nennen.

Um den unterschiedlichen Anforderungen an den Bildungsweg Rechnung zu tragen, möchte die Konferenz der Höheren Fachschulen den «Professional Bachelor» als Titel, nicht als Zusatz. Eine Pflegefachfrau wäre demzufolge eine «Professional Bachelor in Pflege» mit dem Zusatz «dipl. Pflegefachfrau HF» statt wie vom SBFI vorgeschlagen umgekehrt. Ein Elektrotechniker bekäme analog den Titel «Professional Bachelor in Elektrotechnik» mit dem Zusatz «dipl. Elektrotechniker HF».»

Rückblick auf die Entwicklung im Schnelldurchgang

Im Jahr 2018, mit Start des Projektes «Positionierung HF», wurde der «Professional Bachelor» für die Diplomierten HF gefordert. Es folgten ab 2019 verschiedene Studien, zu welchen auch der ODEC Ergebnisse aus seinen eigenen beitrug und den Sinn und Nutzen des «Professional Bachelor» belegen konnte. Vonseiten SBFI fand diese Titellösung kein Gehör. Durch die Pandemie fanden schliesslich «nur» online Austausche statt und der «Professional Bachelor» war dabei nie ein Hauptthema. Dies änderte sich im Jahr 2022, als endlich wieder Treffen mit persönlichem Austausch stattfinden konnten. An einem der Arbeitstagungen, an der der englische Titel Hauptthema war, setzte sich der «Professional Bachelor» auf breiter Front als einzige mögliche Lösung durch.

Doch dann folgte plötzlich der Entscheid, es müsse eine Lösung für die gesamte höhere Berufsbildung gefunden werden und nicht nur für die Diplomierten HF. Wie soll dies mit diesen unterschiedlichen Abschlüssen unter einen Hut gebracht werden? Ein erster Ansatz war, dass die Zuordnungen abhängig vom Nationalen Qualifikationsrahmen (NQR) gemacht werden sollten. Berufsprüfungen BP ab dem NQR Level 6 und die HF-Diplome erhalten den «Professional Bachelor» und die Höheren Fachprüfungen HFP den «Professional Master». Der nächste Schritt stellt die aktuelle Situation mit den «Titelzusätzen» für die gesamte höhere Berufsbildung dar.

Wo liegt das Problem?

Die höhere Berufsbildung mit ihren drei Abschlüssen hat sich in der Wirtschaft etabliert. Über die Jahrzehnte hinweg erhielten alle ein eigenes Profil:

  • Typ eidgenössische Prüfung – Berufsprüfung BP und Höhere Fachprüfung HFP: Die Berufsprüfungen sind teilweise eine Bedingung für den Zugang zu einer Höheren Fachprüfung. Beide bauen auf demselben Prinzip auf, die eidgenössischen Abschlussprüfungen sind reglementiert, die Vorbereitung zur Prüfung jedoch nicht. Zudem ist die geforderte Fachkompetenz innerhalb der BP und HFP sehr unterschiedlich.
  • Typ Studium – Bildungsgang dipl. HF: Bei den Diplomierten HF ist die Ausbildung, die Dauer, die Lektionen und die zu erreichenden Kompetenzen reglementiert, jedoch nicht die Abschlussprüfung.

Prüfungen und Studium sind zwei unterschiedliche Ausbildungstypen, die hier miteinander verglichen werden.

Vergleich über den NQR

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Wenn es nur diese zwei Titelzusätze gäbe, müssten die Höheren Fachschulen dem «Professional Master» zugeordnet werden. Denn nach der aktuellen NQR-Tabelle des SBFI sind von den Berufsprüfungen 7,7 Prozent und bei den Höheren Fachprüfungen 70,5 Prozent wie auch die HF-Bildungsgänge auf NQR 6 angesiedelt. Zudem wäre dies auch logisch, den es kann in einigen HF-Fachrichtungen bereits nach dem 2. oder 3. Semester eine Berufsprüfung abgeschlossen werden.

Gemäss NQR-Tabelle müsste das HF-Diplom den gleichlautenden Titelzusatz wie die HFP erhalten, da hier die grösste Schnittmenge besteht. Gleichzeitig ist bei einem HF-Studium die grösste Zahl an Lernstunden vorgeschrieben mit einschlägigem EFZ 3600 und ohne EFZ 5400.

Zudem gilt es zu beachten, dass die eidgenössischen Prüfungsabschlüsse über mehrere NQR-Stufen verteilt sind. Berufsprüfungen gibt es im NQR im Level 5–6 und die Höheren Fachprüfungen 6–8. Demgegenüber die Höheren Fachschulen mit einer einheitlichen Eingliederung in den NQR-Level 6.

Die Bildungssystematik wird zur Farce

Ohne eine Unterscheidung, wie von der Konferenz-HF vorgeschlagen, würde es zu einer Vermischung der Abschlüsse und zu zusätzlichem Unverständnis kommen. Warum sollte man eine Ausbildung wählen, die drei Mal so lange dauert und dann denselben englischen Titel erhält, wie die viel kürzere Ausbildung? Die hochgehaltene «saubere» Bildungssystematik wird so wirklich zur Farce.

Verwirrung mit akademischen Titeln?

Die Begründung der Universitäten, dass durch die Vergabe von «Professional Bachelor»-Titeln eine Verwirrung mit den akademischen vorprogrammiert ist, ist mehr als scheinheilig. Denn mit ihrer Einführung von beispielsweise den MAS «Master of Advanced Studies», welche keine akademischen Abschlüsse sind und auch nicht zum Bologna-System gehören, wurde die grösste «Verwirrung» bereits selbst eingeführt. Beim MAS besteht jedoch kein Problem, da diese Abschlüsse den Hochschulen sehr viel Geld einbringen.

Sicher werden die Hochschulen, vertreten durch swissuniversities, wieder gegen eine sinnvolle Lösung bei der Titelgebung ankämpfen. Ganz nach dem Motto, wer schon alles hat, will, dass es so bleibt.

Die Finanzierung muss diskutiert werden

Vielleicht ist es an der Zeit, dass die Bildungsfinanzen der Tertiärbildung neu aufgeteilt werden und auch das Hochschulwesen nur den Pro-Kopf-Betrag der Höheren Berufsbildung erhält. Sicher ein waghalsiges Experiment. Es würde sich aber zeigen, ob und wie lange die Hochschulen mit diesen bescheidenen Mitteln überleben würden.

Fazit:

Aus aktueller Sicht ist der Vorschlag der Konferenz-HF die gangbarste Lösung. Die Prüfungsabschlüsse erhalten den Titelzusatz «Professional Bachelor» und «Professional Master» und der Studienabschluss «Dipl. HF» erhält den Titel «Professional Bachelor in xy».

Sollte nach dieser Faktenlage und dem aufgezeigten Lösungsweg weiterhin am aktuellen Vorschlag festgehalten werden, wird vom SBFI als auch der TBBK wissentlich eine gezielte Schwächung der Höheren Fachschulen und der HF-Diplomierten vorgenommen. Das Thema englischer Titel für die HF-Diplomierten wäre damit noch lange nicht vom Tisch.