Von der Mechanik zur Methodik

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Die praxisorientierte Wissensvermittlung hat Marco Frey als sein Talent erkannt und seine Arbeit als Berufung. Lesen Sie mehr über seinen spannenden Werdegang, warum Sport und Tempo wichtige Bestandteile seines Lebens sind und was ihn antreibt, sich für die Bildung stets an vorderster Front einzusetzen.


Mit Marco Frey* sprach Jsabelle Tschanen


Marco Frey, Sie sind Inhaber der Firma Frey Innovation GmbH Liestal. Was genau bieten Sie an?

Marco Frey: Ich biete unterschiedliche Dienstleistungen im Bereich der Erwachsenenbildung an und übernehme dabei verschiedene Rollen. Meine Kernthemen habe ich in die vier Kategorien Fach-, Methoden-, Persönlichkeits- und Sozialkompetenz unterteilt.

Als Lehrperson bin ich spezialisiert auf Supply Chain Management, Beschaffungslogistik und Qualitätsmanagement und arbeite bei namhaften Bildungsinstitutionen. Zusätzlich zu meiner Lehrtätigkeit bringe ich meine langjährige Erfahrung methodisch in der Entwicklung von Bildungskonzepten im Bereich der Höheren Berufsbildung ein.

In der Persönlichkeitsentwicklung lege ich den Fokus auf Talententwicklung mittels CliftonStrengths® und biete Weiterbildungen für Lehrkräfte im Bereich der Erwachsenenbildung an. Workshops für Strategie-, Kultur- und Teamentwicklung, die ich vor allem in der Bildungsbranche oder verwandten Gebieten durchführe, komplettieren mein Portfolio.

Fach- und Methodenkompetenzen beizubringen, ist gut vorstellbar. Wie funktioniert dies bei Persönlichkeits- und Sozialkompetenz?

Dazu benötigt es wohl überlegte Bildungskonzepte, denn Persönlichkeits- und Sozialkompetenzen können definitiv nicht «gelehrt» werden. Es gibt Basiswerkzeuge, wie beispielsweise LEGO® SERIOUS PLAY®¹ oder die CliftonStrengths®², welche ich häufig einsetze. Jedoch müssen diese Softskills über einen gewissen Zeitraum entwickelt werden. Daher ist es sinnvoll, diese Kompetenzen mit den zu lernenden Fach- und Methodenkompetenzen zu verflechten, um so eine ganzheitliche Kompetenzentwicklung sicherzustellen. Der Faktor Zeit soll in jedem Fall beachtet werden, denn diese Kompetenzen müssen über einen längeren Zeitraum reifen.

In einem zeitgemässen Bildungskonzept werden alle vier Kompetenzbereiche angesprochen. In der heutigen Arbeitswelt werden die Persönlichkeits- und Sozialkompetenzen immer wichtiger. Es wird vermehrt in heterogenen Teams zusammengearbeitet, welche meist nach einem Projekt wieder aufgelöst und für das nächste wieder neu zusammengestellt werden. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, sind vor allem kooperative Lernmethoden zielführend.

Sie stehen mit verschiedenen Höheren Fachschulen in Verbindung. Was sind Ihre dortigen Tätigkeiten?

Zurzeit werden durch die Trägerorganisationen viele Rahmenlehrpläne der Höheren Fachschule revidiert. Die Bildungsanbietenden sind in der Pflicht, ihre Bildungsangebote zu überarbeiten. Mit meiner Expertise bringe ich mich sowohl in der Konzeptions- als auch in der Umsetzungsphase ein. Ich sehe mich in dieser Rolle nicht nur in der Berater-, sondern vor allem in der Macherrolle. Es ist mir ein Anliegen, dass die Bildungskonzepte sowohl auf dem Markt als auch bei den Studierenden grossen Anklang finden und sich Lehrpersonen entfalten können. In der Konzeptionsphase definieren wir zusammen mit der Studienleitung und den Lehrpersonen die Inhalte der jeweiligen Handlungsfelder und entwickeln die Lerninhalte. Die Lerninhalte sind das Herzstück, insbesondere da bei den Höheren Fachschulen grosser Wert auf die Anwendungskompetenz und den Praxisnutzen gelegt wird.

Da ich gerne an der Front arbeite, nimmt die Lehrtätigkeit immer noch einen grossen Platz ein. Erstens liebe ich die direkte Zusammenarbeit mit den Studierenden und zweitens kann ich damit direkt erfahren, in welcher Qualität die Bildungskonzepte umgesetzt werden. Die direkten Feedbacks der Studierenden sind Gold wert.

Ihr Werdegang ist eher unkonventionell. Gestartet sind Sie als Lastwagenmechaniker. Was hat Sie dazu bewogen, in Richtung Management/Erwachsenenbildung zu wechseln?

Nach meiner Lehre zum Lastwagenmechaniker hatte ich weder das Ziel in Richtung Management noch in die Erwachsenenbildung zu wechseln. Ich hatte keinen Plan, jedoch den Drang, mich persönlich weiterzuentwickeln. Daher habe ich direkt nach der Lehre eine Stelle in der französischsprachigen Schweiz angenommen. Auch in den weiteren Jahren habe ich eher kurzfristig geplant und Stellen angenommen, welche ich als herausfordernd und spannend wahrgenommen hatte. Neue Aufgaben anpacken, einzigartige Projekte gestalten und mich selbst herauszufordern, hat mich gereizt und reizt mich immer noch.

Mir war schon immer bewusst, mit Menschen zusammenarbeiten zu wollen und ich erhielt oft Rückmeldungen über meine Fähigkeit, gut zu erklären und zu motivieren. In jungen Jahren war ich als Jugend+Sport-Leiter tätig. Mein Wissen und meine Erfahrung habe ich gerne geteilt und die jungen Sporttreibenden in ihrer Entwicklung unterstützt. Eine Laufbahn als Trainer konnte ich mir nicht vorstellen, jedoch nach Möglichkeiten gesucht, in welchen ich mich in einem anderen Umfeld bei der Entwicklung von jungen Erwachsenen einbringen kann. Daher habe ich mich für den Beruf als Erwachsenenbildner entschieden – wobei dies genau genommen kein Beruf, sondern eine Berufung ist.

Auch eher aussergewöhnlich ist zuerst den Bachelor of Business Administration in International Management zu absolvieren und erst danach die Ausbildung zum diplomierten Erwachsenenbildner HF. Warum diese Reihenfolge?

Das hängt sehr eng mit meinem beruflichen Werdegang zusammen. Ich wollte jeweils die erforderlichen Kompetenzen für den jeweiligen Berufsabschnitt erwerben. Aus diesem Grund habe ich den Bachelor of Business Administration in International Management in jenem Zeitraum absolviert, in welchem ich als Einkäufer und Einkaufsleiter tätig war. Mit diesem Studium konnte ich mir grosses Wissen aneignen, welches ich in diesem internationalen Umfeld nutzen konnte. Mit 40 Jahren habe ich mich als Erwachsenenbildner selbstständig gemacht. Mir war es wichtig, ein umfassendes Repertoire an Methoden und Instrumenten zu erlernen, um die kommenden Aufgaben erfolgreich zu bewältigen.

Und welche Vor- beziehungsweise Nachteile dieser beiden Bildungen haben Sie erlebt?

Vor- und Nachteile zu erläutern, ist schwierig. Daher möchte gerne die Eigenschaften der jeweiligen Weiterbildungen aufzeigen, wie ich diese erlebt habe. In jedem Fall ist wichtig zu erwähnen, dass das FH-Studium vier und das HF-Studium drei Jahre gedauert hat. In der Fachhochschule wurde ein grosses Gewicht auf wissenschaftlich fundierte und theoretisch begründete Arbeiten gelegt. So haben wir zum Beispiel ein umfassendes Schriftstück mit Best Practices verfasst, was die Schweizer Hotellerie von ausländischen Anbietern lernen kann.

Bei der Höheren Fachschule wurde der Fokus auf die Umsetzung gelegt. Die Lerninhalte wurden in einer praxisorientierten Form vermittelt, sodass diese direkt im Berufsalltag angewendet werden konnten. Vereinfacht gesagt wurden die Forschungsresultate der Fachhochschulen auf die jeweiligen Bedürfnisse der Unternehmen umgesetzt.

Obwohl die Arbeiten an der Fachhochschule umfassender waren, konnte ich von jenen der Höheren Fachschule für mich und meine Kundschaft einen grösseren Nutzen ziehen.

Welche Weiterbildungen gehören ebenfalls zu Ihrem CV?

Mit 26 Jahren absolvierte ich meine erste Weiterbildung zum Technischen Kaufmann und schaffte damit den Übergang von der Werkstatt ins Büro. Im Verlaufe meines beruflichen Werdegangs habe ich in verschiedenen Stellen als Einkäufer und Einkaufsleiter gearbeitet, was mich dazu veranlasste, mich zum Diplomierten Einkäufer ausbilden zu lassen. Die vertieften Kenntnisse im entsprechenden Fachbereich waren für die Bewältigung der Aufgaben sehr hilfreich.

Zurzeit absolviere ich den MAS in Adult und Professional Education. Mit dieser Weiterbildung und der damit zusammenhängenden Forschungsarbeit erwarte ich noch mehr zu erfahren, wie in Zukunft Bildungskonzepte der Höheren Fachschulen entwickelt werden sollten. Die Anforderungen der Wirtschaft und Studierenden haben sich in den letzten Jahren massiv verändert. Ich bin überzeugt, dass in der Höheren Berufsbildung, hier gehören auch die Höheren Fachschulen dazu, die Bildungskonzepte rasch an diese Anforderungen angepasst und kontinuierlich weiterentwickelt werden können.

Was begeistert Sie privat, welchen Hobbys gehen Sie nach?

In meiner Freizeit nehmen Sport, Bewegung und Tempo einen grossen Stellenwert ein. Sei es morgens auf zügigen Ausfahrten mit dem Rennrad oder im Fitnesscenter. In den Ferien oder am Wochenende nehme ich es lieber gemütlicher beim Wandern. Als gelernter Mechaniker habe ich immer noch Freude an Motoren und bin regelmässig mit dem Auto auf Rennstrecken unterwegs. Ich nehme mir auch die Zeit, in aktuellen Wirtschaftszeitungen sowie Fachbüchern spezifische Themen aufzustöbern, welche ich in meiner Tätigkeit als Lehrperson nutzen kann. Einem guten Essen in einem edlen Restaurant kann ich auch nicht widerstehen.

Auffallend ist, dass Ihnen das «Beibringen» wichtig ist und Freude bereitet. Ihre Firma ist darauf aufgebaut, Sie waren Sporttrainer, dozieren an HF-Schulen und sind neuerdings auch beim ODEC aktiv mit Impulsreferaten. Was ist Ihr Antrieb?

Schön, ist das mit dem «Beibringen» zum Ausdruck gekommen. Ich bin sehr wissbegierig und möchte immer wieder Neues ausprobieren und entdecken. Ich glaube an Talent und Stärken, welche jeder Person in die Wiege gelegt werden. Das habe ich als Konditionstrainer im Skiclub und Regionalverband bei vielen Athletinnen und Athleten erkannt. Einige vollbringen ohne regelmässiges Training Leistungen, welche andere trotz jahrelangem Training nicht erreichen können.

Auch im Berufsleben zeigt sich das Talent. Einige Personen sind für den Verkauf «geboren», bringen das Talent mit, auf die Kundschaft zuzugehen und sie von Produkten und Dienstleistungen zu überzeugen. Andere wiederum arbeiten sehr exakt und fühlen sich in der Buchhaltung pudelwohl. Um in einer Aufgabe oder Position aufgehen zu können, ist Leidenschaft unabdingbar. Diese Begeisterung kommt von innen und kann nur schwer gesteuert werden. Wenn der Verkäufer für seine oder die Buchhalterin für ihre Aufgaben brennt, sind exzellente Leistungen möglich. Erst wenn Talent auf Leidenschaft trifft, kann nachhaltiger Erfolg erreicht werden.

Ich habe das Glück, über das passende Talent in der Erwachsenenbildung zu verfügen und brenne leidenschaftlich für diese Aufgabe. Es bereitet mir Freude, wenn ich Menschen bei der Entwicklung ihrer Kompetenzen und dem Karriereweg unterstützen kann. Als mich der ODEC für die Impulsreferate angefragt hatte, konnte ich nicht Nein sagen. Gerne teile ich mein Wissen zu den Kompetenzen des 21. Jahrhunderts.

Die Feedbacks zu Ihren Weiterbildungen sind alle sehr positiv. Was ist Ihr Geheimnis und welche Werte sind Ihnen besonders wichtig?

Mir ist es wichtig, ein respektvolles, leistungsorientiertes sowie harmonisches Klima zu schaffen. Ich lege grossen Wert darauf, das Zielpublikum zu analysieren und mich entsprechend vorzubereiten. Jedoch lasse ich mich nicht verbiegen, ich möchte authentisch wirken. Ein wirkliches Geheimnis gibt es nicht, jedoch würde ich sagen, regelmässiges Feedback trägt dazu bei, dass die nächsten Feedbacks positiver ausfallen. Es ist ein kontinuierlicher Prozess, wie schon Deming vor rund 80 Jahren mit der Methode «Plan-Do-Check-Act» aufzeigte.

Gibt es Zukunftswünsche?

In Bezug auf die Höhere Berufsbildung wünsche ich mir einen höheren Bekanntheitsgrad in Wirtschaft und Gesellschaft. Sowohl Studierenden als auch Arbeitgebenden ist nicht bekannt, dass die meisten Studiengänge HF im Nationalen Qualifikationsrahmen auf demselben Niveau wie die Fachhochschulabschlüsse eingestuft sind. Ebenfalls wünsche ich mir, dass sich Arbeitgebende noch mehr für die Weiterbildung der Mitarbeitenden einsetzen und die zeitliche sowie finanzielle Unterstützung nicht nur als Investition in das eigene Unternehmen, sondern auch als Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz ansehen.

Zu guter Letzt wünsche ich mir, wir würden uns nicht nur für den Arbeitsmarkt weiterbilden, sondern Wissen und Kompetenzen aufbauen, um die grossen gesellschaftlichen Herausforderungen meistern zu können.

​¹ LEGO® SERIOUS PLAY® nutzt LEGO®-Bausteine zur kreativen Problemlösung und Entscheidungsfindung. Durch den Bau von Modellen visualisieren Teams komplexe Ideen und fördern die Zusammenarbeit.
² Das Assessmentverfahren CliftonStrengths® erkennt individuelle Talente und Stärken für berufliches und persönliches Wachstum. Gallup-Studien belegen, dass die Anwendung dieser Stärken die Verbundenheit mit dem Arbeitsplatz und die Zufriedenheit signifikant verbessert.

*Steckbrief

Name: Marco Frey

Jahrgang: 1971

Wohnort: Bubendorf

Aktuelle berufliche Tätigkeit: Selbstständiger Erwachsenenbildner Frey Innovation GmbH

Lehre: Lastwagenmechaniker

HF-Studium: Dipl. Erwachsenenbildner HF

Weiterbildung: Technischer Kaufmann FA, Diplomierter Einkäufer, Betriebsökonom FH

Hobbys: Sport, Wandern und Lesen