SBFI: Das Interview zum Projektstart

Shape Future

Am 7. März 2019 startete beim Bund ein vielversprechendes Projekt zur besseren Positionierung der Stufe HF. Zum Projektauftakt erklärt die Leiterin des Ressorts Höhere Berufsbildung beim SBFI, Ramona Nobs, was bisher geschah, wie sich der ODEC einbringen kann und wann erste Resultate zu erwarten sind. ODEC-Mitglieder können sich im Mitgliederbereich laufend über die weiteren Entwicklungen des Projekts informieren.

Sie haben selber ein HF-Diplom in der Tasche. Was bleibt Ihnen besonders positiv in Erinnerung von Ihrem HF-Studium?
Die Ausbildung zur dipl. Technikerin TS Holzindustrie (Abschluss 2004) ist mir in jeder Hinsicht in positiver Erinnerung geblieben. Ich habe die Praxisorientierung und die Arbeitsmarktnähe des Unterrichts an der heutigen Höheren Fachschule Holz in Biel sehr geschätzt. Der Bildungsgang hat mich in verschiedener Hinsicht weitergebracht und mir auch in meinem anschliessenden Jus-Studium an der Universität Bern immer wieder ermöglicht, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen.

Wie beurteilen Sie die aktuelle Positionierung der Höheren Fachschulen?
Die Höheren Fachschulen haben ein klares Profil und sind im schweizerischen Bildungssystem gut verankert: Sie ermöglichen Personen ohne Maturität, einen Abschluss auf Tertiärstufe zu erlangen. Gleichzeitig sind sie gegenüber den eidgenössischen Prüfungen generalistischer ausgerichtet und sprechen in der Regel jüngere Personen an, die sich nach der Lehre weiterbilden möchten. Sie grenzen sich vom (Fach-)Hochschulbereich insbesondere durch den starken Einfluss der Arbeitswelt ab. Diese Arbeitsmarktlogik darf auf keinen Fall durch eine akademische Logik ersetzt werden. Die Bildungsrendite ist dank dem engen Praxisbezug überdurchschnittlich hoch. Deshalb wurden auch die Organisationen der Arbeitswelt (OdA) im Rahmen der kürzlich erfolgten Totalrevision der Verordnung des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) über Mindestvorschriften für die Anerkennung von Bildungsgängen und Nachdiplomstudien der höheren Fachschulen (MiVo-HF) weiter gestärkt. Für die internationale Positionierung der HF hat das SBFI 2015 neue englische Titelbezeichnungen verabschiedet und 2014 den Nationalen Qualifikationsrahmen NQR-Berufsbildung sowie Diplomzusätze entwickelt, um die internationale Vergleichbarkeit zu verbessern. Die nächsten Jahre werden zeigen, inwiefern diese Massnahmen greifen.

Das SBFI muss in diesem Jahr einen Vorschlag zur Umsetzung der Motion „Höhere Fachschulen stärken“ umsetzen. Welche Organisationen werden dabei mitarbeiten?
Mit der Motion der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates (WBK-N) sowie der Motion von Ständerätin Fetz wurde im Jahr 2018 eine Stärkung der höheren Fachschulen gefordert. Der Bundesrat hat sich gemäss der Forderung der Motion der WBK-N dazu bereit erklärt, die Positionierung der höheren Fachschulen grundsätzlich zu überprüfen und eine Auslegeordnung vorzunehmen. Er lehnt es hingegen ab, bereits heute konkrete Massnahmen zur besseren Positionierung zu nennen. Der Nationalrat hat die Motion der WBK-N angenommen und die Motion von Nationalrätin Fetz entsprechend angepasst. Der Ständerat behandelt beide Motionen voraussichtlich im Frühjahr 2019. Die Auslegeordnung zur Positionierung der höheren Fachschulen wird der Bund im Rahmen des Prozesses «Berufsbildungsstrategie 2030» vornehmen. Es wird eine Studie in Auftrag gegeben, bei der alle relevanten Akteure der Verbundpartnerschaft einbezogen werden, d.h. die OdA, die Bildungsanbieter sowie die Kantone. Auch der ODEC - als Vertreterorganisation der Absolvierenden - wird begrüsst.

Die Höheren Fachschulen bilden einen Schwerpunkt der Strategie Berufsbildung 2030. Heisst das, dass für die Höheren Fachschulen noch mehr getan werden wird als was die Motion verlangt?
Die Auslegeordnung wird zeigen, ob und wo es Handlungsbedarf gibt. Dabei gilt es immer die aktuellen Stärken der höheren Fachschulen zu berücksichtigen und zu wahren. Dazu gehört insbesondere der enge Arbeitsmarktbezug der Bildungsgänge HF, der durch die Massnahmen nicht geschwächt werden darf.

Wie kann sich der ODEC konkret in diesen Strategieprozess einbringen?
Wie bereits erwähnt wird der ODEC bei der Auslegeordnung als Vertreter der Absolvierenden einbezogen. Einerseits wird der ODEC durch seine Teilnahme in der Begleitgruppe zur geplanten Studie über das Vorgehen des SBFI regelmässig in Kenntnis gesetzt und kann so seine Mitglieder über den Projektfortschritt informieren. Andererseits kann er via Begleitgruppe sein Wissen über die Situation der Absolvierenden in die Studie einbringen.

Was erwarten Sie vom ODEC?
Die politischen Vorstösse der letzten Jahre sowie Gespräche mit den Verbundpartnern zeigen, dass die aktuelle und zukünftige Positionierung der HF sowie die möglichen zu treffenden Massnahmen heterogen beurteilt werden. Deshalb erwartet das SBFI vom ODEC – wie von allen Partnern der Berufsbildung – die Bereitschaft für eine offene Diskussion und für kompromissfähige Lösungsvorschläge.

Das Jahr 2030 ist noch weit weg. Müssen wir so lange warten, bis Verbesserungen für die Stufe HF umgesetzt werden?
Die Integration des Projekts «Positionierung Höhere Fachschulen» in den Strategieprozess BB2030 bedeutet nicht, dass mögliche Massnahmen erst per Ende 2030 umgesetzt werden können. Abhängig vom identifizierten Handlungsbedarf sind erste Resultate bereits per 2022 zu erwarten. Je tiefgreifender die Massnahmen sind, desto länger wird der Anpassungsprozess dauern. Die verbundpartnerschaftliche Abstimmung verlängert zwar die Prozesse, führt dafür in der Regel zu breit abgestützten und getragenen Entscheidungen.  

Von einer Stärkung der Höheren Fachschulen erhoffen sich auch die HF-Absolventen eine Verbesserung ihrer beruflichen Anerkennung. Die Debatte im Ständerat hat gezeigt, dass im Grunde genommen die HF-Absolventen im Zentrum der Überlegungen stehen. Wie sehen Sie das?
Natürlich stehen die Absolvierenden im Zentrum, wenn es um die Frage der Anerkennung und Attraktivität der Abschlüsse geht. Sie sollen sich langfristig im schweizerischen und ausländischen Arbeitsmarkt möglichst hürdenfrei bewegen können. Damit dies möglich ist, stehen aber vor allem auch die Akteure der Arbeitswelt im Fokus, denn sie entscheiden letztlich über die Anerkennung und den Wert der Abschlüsse. So sind beispielsweise Titel, die aus Sicht der Absolvierenden attraktiv erscheinen mögen wertlos, wenn der Arbeitsmarkt diese nicht entsprechend würdigt.

Was sind nun die nächsten Schritte des SBFI?
Das Projekt wird nun gestartet. Im Frühjahr 2019 wird ein erster Austausch dazu mit der Begleitgruppe der Studie stattfinden, der auch der ODEC angehören wird.

Die Diplomierten HF haben ein grosses Interesse daran, dass sie einen eidgenössischen Titel bekommen. Wie gut stehen die Chancen, dass dies in absehbarer Zeit der Fall sein wird?
Die Instrumente zur Stärkung der HF wurden noch nicht festgelegt, sondern werden sich aus der Auslegeordnung des SBFI ergeben. Die Analysephase ist ein offener Prozess bei dem alle Bedürfnisse der verschiedenen Akteure erfasst werden. Diese werden anschliessend mit der systemischen Sicht abgeglichen, um die Vor- und Nachteile von möglichen Massnahmen abzuwägen. Wir können deshalb zum heutigen Zeitpunkt keine abschliessende Einschätzung zur Umsetzbarkeit von Massnahmen abgeben.

Umfragen bei unseren Mitgliedern ergeben immer wieder, dass sie mit der offiziellen englischen Übersetzung des HF-Titels nicht viel anfangen können. Wird die Einführung eines „Professional Bachelor“ im Rahmen der Berufsbildung 2030 zur Diskussion stehen?
Wie bereits erwähnt, ist der Analyseprozess offen und es können alle Themen in die Studie einfliessen.

Zur Person

Ramona Nobs SBFI


Ramona Nobs ist 2011 als Juristin zum damaligen Bundesamt für Berufsbildung und Technologie BBT gestossen. 2012 wurden das BBT und das Staatssekretariat für Bildung und Forschung SBF zusammengelegt. Aus diesem Zusammenschluss entstand das SBFI, das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation. 2015 wurde Ramona Nobs zur Ressortleiterin Höhere Berufsbildung beim SBFI ernannt.